Verletzungen des Kreuzbands, Kreuzbandriss
Auch: Kreuzbandläsionen
Das Knie hat zwei Kreuzbänder, ein Vorderes und ein Hinteres. Zu Verletzungen an den Kreuzbändern, wie beispielsweise einem Kreuzbandriss, kommt es in der Regel bei stärkerer Krafteinwirkung auf den angewinkelten Unterschenkel mit einhergehender Verdrehung. Auch eine unnatürliche Überstreckung des Knies oder eine Überdehnung nach innen oder außen kann zu einem Kreuzbandriss führen.
Besonders häufig treten solche Verletzungen bei Sportunfällen auf. So zählen zum Beispiel Fußball, Handball, alpines Skifahren oder Eishockey zu den Risikosportarten. Fast immer kommt es dabei zu Verletzungen des vorderen Kreuzbands, wobei Frauen häufiger von einem Kreuzbandriss betroffen sind als Männer.
Zu einem Kreuzbandriss am hinteren Kreuzband kommt es üblicherweise nur bei sehr starker Krafteinwirkung, wie sie beispielsweise bei einem Verkehrsunfall vorkommen kann. Daher gehen wir hier auf die Verletzung des vorderen Kreuzbands näher ein.
Das vordere Kreuzband verläuft im Inneren des Kniegelenkes und verhindert, dass der Oberschenkelknochen über das Schienbein hinausgleitet. Zusätzlich stabilisiert es das Gelenk bei der Rotation. Der Kreuzbandriss am vorderen Kreuzband zählt zu den häufigsten Verletzungen im Bereich des Kniegelenkes. Dabei kann es zu einem kompletten oder einem Teilriss kommen. Meist ist der Unfallmechanismus eine Verdrehung oder Überstreckung des Unterschenkels bei fest stehendem Fuß. Auch begünstigt eine X-Bein-Fehlstellung eine mögliche Läsion.
Besteht nach einem Unfall der Verdacht, dass ein Kreuzbandriss vorliegen könnte, sollte man in jedem Fall den Orthopäden aufsuchen. Denn ein unbehandelter Kreuzbandriss kann zu einer Degeneration des Knorpelgewebes mit anschließender Arthrose des Kniegelenks führen. Darüber hinaus können die Sekundärstabilisatoren, wie der Meniskus, in Mitleidenschaft gezogen werden und aufgrund der bestehenden Instabilität ein erneutes Verletzungsrisiko ergeben.
Symptome eines Kreuzbandrisses
Meistens spürt der Patient im Moment des Unfalls ein Reißen im Kniegelenk, das manchmal auch von einem hörbaren Riss begleitet wird. Die auftretenden Schmerzen können sehr stark sein und eine Einschränkung der Gehfähigkeit hervorrufen. In manchen Fällen treten aber auch keine stärkeren Schmerzen auf. Nach einem frischen Kreuzbandriss ist es oft hilfreich, für eine gewisse Zeit das Kniegelenk zu kühlen und zu entlasten. Die Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten kann ebenfalls eine Linderung bewirken.
Im weiteren Verlauf spürt der Patient eine zunehmende Instabilität, insbesondere bei Richtungswechseln. Häufig berichten Betroffene auch, dass sie das Gefühl haben, sich nicht mehr auf ihr Kniegelenk verlassen zu können oder Schwierigkeiten haben, das Kniegelenk zu strecken. Wenn das Knie abgeschwollen ist sollte über das weitere Prozedere gesprochen werden.
Bei der klinischen Untersuchung eines Kreuzbandrisses kann der Kniespezialist mit bestimmten Tests die Instabilität schon ziemlich sicher nachweisen. Auch Begleitverletzungen wie Innen- und Außenbandläsionen können dabei diagnostiziert werden. Darüber hinaus kann es Hinweise auf eine Meniskusverletzung geben. Um auszuschließen, dass die Knochen, etwa durch eine Fraktur, in Mitleidenschaft gezogen wurden, wird üblicherweise eine Röntgenuntersuchung vorgenommen. Bei einem Verdacht auf Begleitverletzungen wird in der Regel zusätzlich eine Magnetresonanz-Tomographie (MRT) durchgeführt. Wenn das Kniegelenk reizfrei ist, können auf der Grundlage des Befunds die entsprechenden Therapieschritte eingeleitet werden.
Welche operative Verfahren gibt es bei einem Kreuzbandriss?
Der „Goldene Standard“ bei einem Kreuzbandriss ist aktuell die Verwendung der Semitendinosussehne als Sehnenersatzplastik. Diese wird arthroskopisch (in Schlüsselloch-Technik) anatomisch dem vorderen Kreuzband entsprechend platziert und befestigt. Es können bei Teilverletzungen auch nur Anteile, zum Beispiel das postolaterale Bündel des vorderen Kreuzbandes ersetzt werden. Man nennt dieses Operationsverfahren „Augmentation“ und hofft so mögliche Nervenrezeptoren zu erhalten.
Dieses operative Verfahren ist technisch aufwendig und kann nur von Kniespezialisten durchgeführt werden. Bei erneuten Verletzungen nach vorderer Kreuzbandplastik stehen weitere Sehnenplastiken wie zum Beispiel die Patellasehne zur Verfügung. Die Operation kann sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden.
Für einen guten Heilerfolg bei einem Kreuzbandriss ist die Betreuung durch einen erfahrenen Sportorthopäden, der vor der Operation das Management übernimmt, die Operation durchführt und anschließend die Nachbehandlung begleitet, von entscheidender Bedeutung.
Muss ein Kreuzbandriss operiert werden?
In dem gerissenen Kreuzband befinden sich Nervenrezeptoren, die unwiderruflich verloren gehen. Diese dienen dazu, die muskuläre Stabilisierung des Gelenkes zu koordinieren. Die früher oft vertretene Meinung: „Das Gelenk kann allein durch Muskelkraft stabilisiert werden.“ trifft nur unzureichend zu, da die inneren Stabilisatoren verloren gegangen sind. Diese sollten beim aktiven Menschen und Sportler operativ ersetzt werden.
Die konservative Behandlung eines Kreuzbandrisses ist nur möglich, wenn der Patient ein sehr niedriges Aktivitätsniveau hat und keine Begleitverletzungen vorliegen. Langzeitstudien, die konservative und operative Behandlungen vergleichen, zeigen bei nicht operierten Kreuzbandverletzungen eine erhöhte Arthrose-Rate sowie Meniskusveränderungen auf.
Sind noch weitere Bänder betroffen, ist eine Operation unumgänglich. Sollte man sich für eine Operation entschieden, so sind verschiedenen Studien zu folge die besten Ergebnisse innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Unfall zu erzielen.
Nachbehandlung bei einem Kreuzbandriss
Aufgrund der unzureichenden Körperwahrnehmung (Propriozeption) an den betroffenen Stellen ist die Nachbehandlung bei einem Kreuzbandriss besonders wichtig, um komplexe Bewegungsmuster für das Kniegelenk wieder zu erlernen. Daher ist eine nach der Operation durchgeführte Physiotherapie mit Krafttraining unumgänglich.
Hilfreich ist die Durchführung bei einem qualifizierten Sportphysiotherapeuten, der insbesondere das Erlernen der Feinmotorik, zum Beispiel unter zu Hilfename eines Wackelbretts oder einer Weichmatte, unterstützt. Das andauernde Training der Kniestabilisation ist nach einem Kreuzbandriss ein weiteres, wichtiges Ziel. Sechs bis neun Monate nach der Operation ist in den meisten Fällen der Ausgangsbefund wieder erreicht.
Prävention nach einem Kreuzbandriss
Um eine erneute Verletzung des operierten Kreuzbands zu vermeiden gibt es inzwischen gute Präventionsprogramme, wie zum Beispiel „Stop X“ (Programm zur Prävention von Sportverletzungen am Kniegelenk – Eine Initiative des Komitees Ligamentverletzungen der Deutschen Kniegesellschaft). Insgesamt sollte ein solches Präventionsprogramm die Korrektur von gefährdeten Bewegungsmustern aufzeigen und mit Laufübungen, Balanceübungen, Sprungübungen, Kraftübungen und einer Hüftstabilisierung diesen entgegenwirken.
Bis zu einem Jahr nach einer Kreuzbandoperation besteht das erhöhte Risiko eines erneuten Risses. Deshalb sollten Präventionsübungen konsequent durchgeführt werden, bis das Ausgangsniveau weitestgehend erreicht ist.